„Pilger*innenwesen in der Spätantike“ – unter diesem Titel wurde im Sommersemester 2021 an der Universität Bern ein Seminar unter Leitung von Dr. Maria Lissek angeboten. Frau Dr. Lissek, die aktuell als Postdoktorandin an der Universität Bern tätig ist, hatte zum Abschluss des Seminars am 1. Juni 2021 das Thema geweitet und zu einem Round-Table Gespräch auswärtige Gäste eingeladen, um einen Blick auf das Pilgern heute zu werfen und die ökumenischen Aspekte zu beleuchten. Darunter befand sich auch der Catholica-Referent des Konfessionskundlichen Institutes, Pfarrer Martin Bräuer D.D. Der Prior der Jerusalemer Dormition Abbey, P. Matthias Karl O.S.B., berichtete von der sich verändernden Pilgersituation im Heiligen Land. In vorpandemischen Zeiten seien zahlreiche Menschen im Land gewesen, die klassischen Pilgerzielen wie die Grabeskirche in Jerusalem und die Geburtskirche in Bethlehem seien häufig überfüllt gewesen. Nach dem Lockdown würden sich die Pilgerstätten langsam wieder füllen, allerdings sei ein Impfungsnachweis die Voraussetzung, ins Land einreisen zu dürfen. P. Philipp Steiner O.S.B., Wallfahrtspriester in Einsiedeln, berichtete von der Entstehung der Wallfahrt nach Einsiedeln und den aktuellen Wallfahrtsalltag. Dabei hob er hervor, dass die Gründe für einen Besuch von Einsiedeln individuell sehr verschieden seien, wie überhaupt die Wallfahrten individueller geworden seien. Es ginge darum, einen Raum zur Begegnung mit Gott zu bieten und benediktinische Gastfreundschaft zu gewähren. Die Schweizer Theologin Sina von Aesch berichtete von den Motiven und Zielen sowie Lebensumständen der Wüstenväter und Wüstenmütter in der Spätantike und deren Ort in der Kirche der Spätantike und im spätantiken Pilgerwesen. Sie ließ weiter auch persönliche Erfahrungen mit dem Pilgern einfließen. Martin Bräuer ging auf einige Aspekte der ökumenischen Geschichte des Pilgerns ein. Eine ökumenische Geschichte des Pilgerns schließe auch eine Kritik des Pilgerns und die Suche nach dem rechten Pilgern ein. Die protestantische Kritik, die zu einer Distanzierung des Protestantismus vom Pilgern und vor allem von der traditionellen Form der Wallfahrt führte, habe ihre Wurzel im Ablehnen des Leistungsdenkens von Pilgern. Vielmehr sei es als Wandern mit Gott auf den Spuren der Mütter und Väter des Glaubens verstanden worden. Die Neuentdeckung des Pilgerns in den letzten Jahrzehnten sei aber wesentlich ökumenisch geprägt gewesen. Es gehe um die Suche nach den Quellen, „ad fontes“, die Suche nach den geistlichen Quellen der Mütter und Väter im Glauben. Ökumenisch könne Pilgern als ein Weg verstanden werden, neu zu entdecken, worum es im christlichen Glauben gehe. Das sei auch der Grund dafür, weshalb sich auch die evangelischen Kirchen vielfältig in diesem Bereich engagieren, z.B. durch Pilgerpfarrstellen und Pflege von Pilgerwegen wie z.B. dem Lutherweg oder dem Elisabeth-Pfad.
Noch viele weitere Aspekte kamen im anschließenden Gespräch mit den Studierenden zur Sprache.