Seit Beginn der Ukrainekrise sind der Papst und der Heilige Stuhl darum bemüht, eine Friedenslösung für den Konflikt anzumahnen und ihre Bemühungen für den Frieden zu verstärken.

Völlig unerwartet besuchte am 25. Februar der Papst den russischen Botschafter beim Heiligen Stuhl in dessen Residenz und brachte in einem halbstündigen Gespräch seine Sorge zum Ausdruck und bat um eine Verschonung der ukrainischen Bevölkerung. Dabei kann man beobachten, dass nicht nur die diplomatischen Möglichkeiten des Heiligen Stuhls genutzt werden, sondern auch spirituelle Akzente gesetzt werden. So rief der Papst für den Aschermittwoch einen Fast- und Gebetstag für den Frieden in der Ukraine aus.

Seither ist der Konflikt eskaliert und der Heilige Stuhl verstärkte seine Bemühungen um ein Ende des Krieges.  Der Papst entsandte die Kardinäle Konrad Krajewski und Michael Czerny nach Polen beziehungsweise nach Ungarn und in die Slowakei sowie in den Westen der Ukraine, um dort die humanitäre Hilfe katholischer Hilfsorganisationen zu koordinieren und Gespräche mit örtlichen Vertretern von Kirche und Staat zu führen. Der Pole Krajewski leitet die Apostolische Almosenverwaltung im Vatikan, der kanadische Kurienkardinal Czerny, 1946 in der damaligen Tschechoslowakei geboren, das Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen.

Der Heilige Stuhl kündigte weiter an, Papst Franziskus werde am 25. März im Petersdom Russland und die Ukraine dem Unbefleckten Herzen Mariens weihen. Am selben Tag soll Kurienkardinal Krajewski im Marienwallfahrtsort Fátima in Portugal den gleichen Ritus vollziehen. Dort soll 1917 mitten im 1. Weltkrieg Maria einigen Hirtenkindern erschienen sein und ihnen aufgetragen haben, ihrem Schutz Russland zu weihen. Dieser Ritus wurde schon mehrfach von Päpsten vollzogen.

Am 16. März sprachen der Papst und Kardinal Kurt Koch vom Päpstlichen Rat für die Förderung der Einheit der Christen in einer Videoschalte mit Patriarch Kyrill von Moskau und ganz Russland und Metropolit Hilarion, dem Leiter des Außenamtes der russisch-orthodoxen Kirche. Bei dem Videogespräch seien Papst und Patriarch übereingekommen, dass die Kirche „nicht die Sprache der Politik“ sprechen dürfe, sondern „die Sprache Jesu“ sprechen müsse, teilte Vatikansprecher Matteo Bruni mit. Das liest sich wie eine klare Ansage des Papstes an sein Gegenüber. Die Christen und deren Seelsorger müssten alles tun, „damit der Frieden sich durchsetzt“. Beide Seiten hätten zudem die Bedeutung der laufenden Verhandlungen betont. Während jedoch Patriarch Kyrill in Übereinstimmung mit dem vom Kreml vorgeschriebenen Sprachgebrauch das Wort „Krieg“ vermeidet, hat Franziskus mehrmals den Krieg in der Ukraine beklagt, ohne jedoch Russland als Aggressor zu benennen. Mit seiner verbalen Zurückhaltung folgt er einer diplomatischen Tradition des Heiligen Stuhls, sich in Kriegs- und Konfliktfällen mit öffentlichen Äußerungen oder gar Verurteilungen zurückzuhalten, um diplomatische Gesprächskanäle mit möglichst allen Beteiligten eines Konflikts offenzuhalten.

Am Abend des 16. März feierte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Petersdom einen Gottesdienst für den Frieden mit 400 Gläubigen, an dem auch die Botschafter Russlands und der Ukraine am Heiligen Stuhl teilnahmen.

Das Gespräch zwischen Papst und Patriarch wurde unterschiedlich bewertet. Vor allem, dass Patriarch Kyrill rückblickend das Gespräch mit dem Papst so darstellte, dass man sich weitgehend einig sei, führte bei vielen Fachleuten zu der Meinung, der Papst sei vom Patriarchen vereinnahmt worden. Seit Kriegsbeginn wurde der Papst dafür kritisiert, in seinen Friedensappellen und seiner Kritik an der Gewalt nicht Ross und Reiter zu nennen. Allerdings wird er in den letzten Tagen immer deutlicher. Beim Angelus am vergangenen Sonntag (20.März) sagte er „Leider geht die gewaltsame Aggression gegen die Ukraine unvermindert weiter; ein sinnloses Massaker, bei dem sich die Gräueltaten jeden Tag wiederholen. Dafür gibt es keine Rechtfertigung!“ Dieser „verabscheuungswürdige Krieg“ müssen umgehend beendet werden.

Etliche verteidigen die Haltung des Papstes und sehen ihn in der Kontinuität vatikanischer Diplomatie. Andere dagegen kritisieren ihn. Die Theologin und Osteuropa-Expertin Regina Elsner kritisierte, die Strategie des Papstes sei zu sehr von einer „Vorsicht gegenüber Moskau“ bestimmt, „um keine Schäden anzurichten“.  „Das ist in einer so eindeutig zu bestimmenden Kriegslage aber verheerend“, so Elsner.

Am 22. März gab der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über Twitter bekannt, dass er erneut mit Papst Franziskus telefoniert habe und eine Vermittlerrolle des Vatikan befürworte. Man habe über die humanitäre Lage und die Blockade von Rettungskorridoren durch russische Truppen gesprochen. Er schätze die „Vermittlerrolle des Heiligen Stuhls bei der Beendigung menschlichen Leidens“ und danke für die Gebete für die Ukraine und für Frieden.

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