Die dreizehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) fand vom 13.-19. September in Krakau statt. Titelthema war „One Body – One Spirit – One Hope”. Vorausgegangen waren vier regionale Pre-Assemblies für Europa, Asien, Afrika und Amerika sowie Vorversammlungen für die Jugend, für Frauen und erstmals auch für Männer.

Über 350 Delegierte aus 150 Mitgliedskirchen und hunderte weitere Berater, Beobachter, Journalisten, jugendliche Stewards und weitere Besucher trafen sich für eine Woche in der historisch bedeutenden Stadt. Gastgeber war die Lutherische Kirche von Polen (60.000 Gläubige), für die die Organisation eines solchen nur alle sieben Jahre stattfindenden Großevents  eine logistische Meisterleistung darstellte.

Gemeinsamen Gottesdienste am Morgen und am Abend, deren abwechselnde Formen und Lieder die globale Vielfalt des Luthertums widerspiegelten, ein Mittagsgebet sowie die tägliche Bibelarbeit gliederten die Tage. Bei solchen Großereignissen erfährt sich das Luthertum – das ansonsten in viele nationale und regionale autonome Einzelkirchen zerfällt – tatsächlich als eine geistliche Gemeinschaft. Das ist insofern bemerkenswert als der LWB in seiner alltäglichen Arbeit vor allem eine globale Hilfsorganisation ist. Theologische Arbeit, Mission, Bildung spielen eine nur marginale Rolle. Mehrfach kam zur Sprache, dass vom Jahresbudget (ca. 170 Millionen Euro) über 80% in diverse Hilfsprojekte fließen, ein erheblicher Teil davon das Augusta Victoria Hospital in Jerusalem. Nicht erwähnt wurde die Herkunft des Geldes. Der Löwenanteil des LWB-Budgets stammt von einigen wenigen deutschen Mitgliedskirchen.

Die geistliche Gemeinschaft so spürbar zu machen, dazu trug auch bei, dass man im Plenum die Diskussion strittiger Themen, insbesondere über sexualethische Fragen vermied und dies auch gelegentlich als stillschweigenden Konsens diskret in Erinnerung rief. Wenig überraschendes gab es zu den erwartbaren Themen Klima, Frauen und Jugend. Hier wurden Ängste beschworen und mehr Anstrengungen und mehr Beteiligung (Quoten) gefordert.

Immer im Hintergrund war der Krieg im Nachbarland, über den Pawlo Schwartz, lutherischer Bischof aus der Ukraine, sprach. Er kritisierte, viele Menschen wollten lieber an ihren persönlichen Utopien festhalten als zuhören, wenn über die Lage der Ukraine gesprochen werde. Trocken bemerkte er: Entweder kämpften die Ukrainer jetzt gegen Russland oder sie seien später gezwungen, mit Russland gegen andere zu kämpfen. Die Versammlung verabschiedete später eine Resolution, die den russischen Angriff und dessen imperialistische Motivation mit klaren Worten verurteilte.

Besonders intensiv war ein Besuch im ehemaligen KZ Auschwitz, dem am nächsten Morgen die Ansprache des 93-jährigen Auschwitzüberlebenden Marian Turski folgte. Die Erfahrungen lösten emotionale Erschütterung aus. Aber sie hatten keine Auswirkungen auf die Erklärung „Christian Presence and Life in the Holy Land“, welche die Versammlung zwei Tage später verabschiedete. Sie bezog einseitig gegen den Staat Israel Stellung und bekräftige erneut das eigene „Engagement [commitment] für die palästinensische Gemeinschaft“. Am Morgen des 7. Oktober zeigte sich, wie problematisch solche Parteinahmen sind. Der Jubel, den der Terrorangriff der Hamas in vielen westlichen Städten in Teilen der Bevölkerung auslöste, zeigte außerdem, dass Feindschaft gegen Israel und Judenhass oft Hand in Hand gehen und in der Praxis kaum zu trennen sind. Im Rückblick wirft diese Resolution einen dunklen Schatten auf eine ansonsten eindrucksvolle LWB-Versammlung.

Die Resolution im Wortlaut.

Bilder der LWB-Vollversammlung.

Kai Funkschmidt

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