Wieder einmal so eine päpstliche Bemerkung en passant: Papst Franziskus hat bei einem Treffen von Ordensoberinnen gesagt, dass er offen ist für eine Kommission, die die Frage des Diakonats klären soll. Um das Studium der Funktion von Diakoninnen der frühen Kirche soll es gehen, so der Papst. Mehr nicht?
Noch ist alles offen. Wenn es zu der Gründung einer solchen Kommission kommen sollte, wo soll sie angesiedelt sein? Normalerweise und bisher waren solche Studienkommissionen immer entweder bei der Glaubenskongregation angesiedelt oder sie unterstanden direkt dem Papst. Wird es auch diesmal so sein? Oder denkt sich Franziskus eine andere Zuordnung aus, z.B. zum Generalsekretariat der Bischofssynode? Dann müssten aber die Ortskirchen einbezogen werden – mit unabsehbaren Folgen. Eine spannende Frage.
Offen bleibt weiter, wer zu einer solchen zu gründenden Kommission gehören wird, sowohl qua Amt (vielleicht der Präfekt der Glaubenskongregation oder der Generalsekretär der Bischofssynode?) als auch durch Berufung (Frauen ja, aber welche?). Wann wird sie zusammentreten, wie wird der konkrete Arbeitsauftrag formuliert sein (geht es auch um die Struktur und die Aufgaben eines solchen Amtes im 21. Jahrhundert oder bleibt es beim Studium des Standes der Diakoninnen in der Alten Kirche?)?
Das Thema wird schon lange diskutiert, teilweise sogar offiziell. Bereits 2002-2003 hatte sich die an der Glaubenskongregation angesiedelte Internationale Theologenkommission – der auch einige wenige Frauen angehören – mit diesem Thema beschäftigt. In dem abschließenden Text[1] wurde übereinstimmend zwar festgehalten, dass es ein Diakonenamt von Frauen gegeben habe, welches sich in den einzelnen Teilen der Kirche unterschiedlich entwickelt habe. Man hielt aber auch fest, dass dieses Amt nicht als einfaches Äquivalent des männlichen Diakons verstanden wurde. Es habe sich um eine kirchliche Funktion gehandelt, die von Frauen ausgeübt wurde. Die Kommission machte keine Aussagen darüber, wie dieses Amt übertragen wurde – etwa durch Handauflegung (wie bei der sakramentalen Weihe) oder durch Benediktion (z. B. Segnung eines Abtes oder einer Äbtissin oder einer Nonne bzw. in jüngerer Zeit auch die Jungfrauenweihe).
Unbestritten ist, wie neuere Untersuchungen zeigen, dass es bis ins 13. Jahrhundert in der abendländischen Kirche Diakoninnen gab. In manchen Ostkirchen (z. B. den Armeniern) gibt es sie bis heute. Nicht einig sind sich die Experten darin, was nun genau die Aufgabe der Diakoninnen der ersten Jahrhunderte war. Haben sie auch die Taufe gespendet oder nur bei der Ganzkörpertaufe weiblicher Täuflinge assistiert und „nur“ die Salbung vorgenommen?
In der römisch-katholischen Kirche ist heute der Diakonat die erste von drei Weihestufen des Sakramentes der Weihe, danach kommen als Stufe zwei und drei die Priester- und die Bischofsweihe. Der Empfang des Weihesakramentes ist Frauen verwehrt, womit hauptsächlich mit dem Argument gearbeitet wird, dass die geweihte Person „Vertreter Christi des Hauptes“ („in persona Christi“) sei und an Christi statt handle. Christus war in seinem irdischen Leben ein Mann, also können Frauen nicht in „persona Christi“ im sakramentalen Bereich agieren. So stand es auch bis 2009 in den Canones 1008 und 1009 des Codex Iuris Canonici, des Gesetzbuches der katholischen Kirche. Benedikt XVI. hat 2009 durch sein Motu Proprio „Omnium in mentem“[2] festgelegt, dass Diakone dem Volk Gottes dienen, Priester und Bischöfe aber handeln als „Vertreter Christi des Hauptes“. Damit hatte Benedikt XVI. dieses Argument gegen die sakramentale Weihe von Frauen abgeschafft, obwohl er selbstverständlich am Verbot der Frauenweihe nicht rüttelte.
Die einzurichtende Kommission wird diese Frage klären müssen und nicht nur bei historischen Fragen stehenbleiben können. Sie muss sich auch der Frage zuwenden, wie unter heutigen Bedingungen das Diakoninnenamt auch mit Aufgaben versehen werden könnte, die in den ersten Jahrhunderten nicht damit verbunden waren.
In einem Vortrag vor der deutschen Bischofskonferenz im Jahr 2013 machte Walter Kardinal Kasper den Vorschlag, dass Diakonninnenamt als ein eigenständiges, nichtsakramentales Amt zu verstehen, welches durch eine Benediktion verliehen wird. Es würde damit aus dem Bereich der Sakramente dem Bereich der Sakramentalien zugeordnet. Ob dies eine Alternative ist?
Festzuhalten aber bleibt: Nun darf offiziell darüber gesprochen werden, wofür noch vor wenigen Jahren Bischöfe gerügt wurden. Auch wenn eine heftige Debatte zu erwarten ist und man nur hoffen kann, dass am Ende nicht zu viele enttäuschte Gesichter zu sehen sind. Es ist deshalb eminent wichtig, dass die Möglichkeit geschaffen wird, diese Diskussion in aller Offenheit zu führen. Bereits in den siebziger Jahren war bei der Würzburger Synode der Diakonat der Frau diskutiert und um eine offizielle Prüfung in Rom gebeten worden. Darauf hatte der Vatikan nicht geantwortet.
So wird man gespannt sein dürfen, wann und wie eine solche Kommission eingesetzt wird und kann nur hoffen, dass sie alle notwendigen Freiheiten erhält. Die katholische Kirche ist in dieser Frage gespalten: Die einen halten den Diakonat der Frau für legitim und notwendig, manche für längst überfällig, wenn nicht gar schon für zu spät. Andere dagegen sehen im Diakonat der Frau das Einfallstor zum Frauenpriestertum, welches sie mit aller Vehemenz ablehnen. Eines ist sicher: Hart und emotional geführt wird diese Debatte allzumal. Hoffentlich zum Wohle der Frauen.
Martin Bräuer
[1] Vgl: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/cti_documents/rc_con_cfaith_pro_05072004_diaconate_ge.html (abgerufen am 13.05.2016).
[2] Vgl.: http://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/apost_letters/documents/hf_ben-xvi_apl_20091026_codex-iuris-canonici.html (abgerufen am 13. 05.2016).