(c) Patrick Haase

Mein vierwöchiges Praktikum im Februar 2022 unter dem Mentorat von Herrn Dr. Triebel, Referent für Freikirchen am KI Bensheim, habe ich mit dem Wunsch begonnen, eine intensive Begegnung mit den konfessionskundlichen Fragestellungen unserer Zeit zu erleben. Da ich während dieser Tage mein Studium der evangelischen Theologie abgeschlossen habe, wollte ich möglichst viele Eindrücke zur aktuellen Situation der Ökumene in Deutschland sammeln, um diese in den kommenden Kirchendienst mitzunehmen. Ich habe dabei auf drei Ebenen Erkenntnisse gewonnen: In Blick auf die Lage der Freikirchen in Deutschland, in Blick auf die eigene konfessionskundliche Arbeit und in Blick auf die Begegnung mit zahlreichen ökumenisch interessierten Menschen.

Als gebürtiger Südafrikaner, der auch Zeit seines Lebens in einem vielschichtigen Kontext evangelischen Glaubens aufgewachsen ist, war das nunmehr wissenschaftlich fundierte Kennenlernen der verschiedenen Formen von Freikirchen sehr gewinnbringend für mich. Der Anfang des Praktikums mit dem Auftrag der Korrektur der Lageberichte zur freikirchlichen Entwicklung im letzten Jahr war daher sehr gelungen. Sofort wurde hierdurch ein dynamisches Bild der jüngeren Zeit gezeichnet. Die im kommenden Materialdienst – der Fachzeitschrift des KI Bensheim – erscheinenden Berichte haben über die allgemeine Situation der Freikirchen und besonders die Situation der pfingstlichen und charismatischen Bewegungen aufgeklärt. Die parallele Arbeit mit dem neu erschienenen Band der „Dokumente wachsender Übereinstimmung“ (DwÜ) sowie der Vergleich mit den seit den 70er-Jahren erscheinenden Bänden hat sich mit den aktuellen Informationen gut ergänzt. So wurde die zunehmende Ausdifferenzierung des ökumenischen Dialogs durch die Integration von Gesprächen mit und unter den Freikirchen in den vergangenen Jahrzehnten ersichtlich.

Einen großen Teil meines Praktikums habe ich daraufhin mit der Durchsicht der Web-Präsenzen und Mitgliederzeitschriften der verschiedenen Freikirchen und freikirchlichen Verbände in Deutschland verbracht. Die Vielseitigkeit gelebten Christentums in Deutschland wurde dadurch greifbarer. Doch auch die direkte Begegnung mit Personen aus dem Bereich der Freikirchenforschung und ökumenischen Arbeit bot einen Austausch, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Hier seien nur das Online-Seminar der Langzeit-Fortbildung des KI Bensheim mit dem Jensen-Kolleg und das Zusammenkommen des Interkonfessionellen Arbeitskreises des „Zentrum Ökumene Frankfurt“ genannt.

Über diese exemplarischen Einblicke in die Arbeit am KI Bensheim hinaus konnte ich auch eigene Erfahrungen mit der konfessionskundlichen Arbeit sammeln. Die Planung und Organisation der Jahrestagung des Jungen Forums Freikirchen des KI Bensheim, die dieses Jahr an der Hochschule des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (BFeG) in Ewersbach vom 08.-10.9.2022 stattfinden wird, bot hierzu den Anlass. Für die unter dem Titel „Zwischen Tradition und Innovation. Freikirchliche Gottesdienstverständnisse im Gespräch“ stattfindende Tagung galt es Referent:innen verschiedener Freikirchen zu suchen. Außerdem musste ein Gottesdienstbesuch und die Begegnung der liturgischen Ausbildung in Ewersbach geplant werden.  Der Kontakt zu Referent:innen und freikirchlichen Professor:innen, aber auch die allgemeine Planung einer wissenschaftlichen Tagung hat in die Weite und Tiefe der verschiedenen Gottesdienstverständnisse in Landeskirchen und Freikirchen geführt. Es haben sich hier Potentiale für den Diskurs erschlossen, die mir zuvor nicht bewusst waren: So sind die heutzutage in den Landeskirchen zunehmenden sog. „alternativen Gottesdienste“ wie z.B. Gospel, die oft neben dem Sonntagsgottesdienst stattfinden, sehr ähnlich zu freikirchlichen Formaten. Doch auch einzelne Freikirchen stehen in ihrem jeweiligen Gottesdienstverständnis längst im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Einen Eindruck davon liefert beispielsweise der in den letzten Jahren intensiv geführte Prozess der Einführung einer Gottesdienstordnung in der EmK (Methodisten) in Deutschland. Das hier eine Wechselwirkung zwischen Landeskirchen und Freikirchen stattfindet, liegt nahe. Dieses Beispiel zeigt aber vor allem, dass sich die konfessionskundliche Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Verständnissen lohnt. So lässt sich auch das Selbstverständnis des KI Bensheim besser verstehen, wie es in dem Motto zusammengefasst ist: „Den Nächsten kennen wie sich selbst.“

Zuletzt darf nicht unerwähnt bleiben, dass in den kurzen und längeren Gesprächen über ökumenische und konfessionskundliche Themen in meiner Zeit am KI Bensheim immer wieder durchgeschienen ist, mit was für beeindruckenden Theolog:innen ich es hier zu tun hatte. Mir wird wohl eine eher zufällige und auch nur indirekt erfolgte Begegnung in Erinnerung bleiben. Dabei stand ich letztlich drei Generationen an ökumenischen Theologen des KI Bensheim gegenüber. Denn als ich dabei half, den letzten Teil der Privatbibliothek des ehemaligen Leiters des Instituts, Prof. Dr. Reinhard Frieling, der mittlerweile in einer Seniorenresidenz wohnt, aus seiner Wohnung zu holen und für die Nachwelt zu sichern, tat ich dies in Zusammenwirken mit seinem Nachfolger, Herrn Dr. Fleischmann-Bisten, und meinem Mentor, Herrn Dr. Triebel. In Begegnung mit den zahlreichen Reiseberichten, Dokumenten und Schriften von Herrn Dr. Frieling wurde die Weite seines ökumenischen Horizonts sehr deutlich. Besonders spannend war in diesem Zusammenhang, dass ich Herrn Dr. Fleischmann-Bisten und Herrn Dr. Triebel immer wieder Fragen zum Werdegang Frielings stellen konnte, die mir auch kundig beantwortet wurden. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar.

Ich bin aber auch den derzeitigen Referenten am KI Bensheim, Herrn Dr. Bräuer, Frau Dr. Heller, Herr Dr. Triebel und Frau Dr. Haar, dankbar dafür, dass sie immer ein offenes Ohr für mich hatten. Ich habe mich spürbar willkommen geheißen gefühlt. Ein Highlight steht mir in dieser Hinsicht noch bevor: die jährlich durch das KI Bensheim im Februar veranstaltete Europäische Konfessionskundetagung zum Thema „Migration. Konfessionelle und interkulturelle Dynamiken“ vom 25.2. bis zum 26.2.2022. Hierauf freue ich mich sehr. Doch auch danach will ich – durch die zahlreichen Gespräche am KI Bensheim gestärkt – mein ökumenisches Engagement fortsetzen. Hierfür wurden mir viele Wege aufgezeigt. Daher kann ich nur allen ökumenisch Interessierten empfehlen, auch mal eine Zeit am KI Bensheim zu verbringen. Es wird sich lohnen!

Patrick Haase, Praktikant am KI Bensheim

Ansprechpartner

Pfr. Dr. Lothar Triebel
Referat Freikirchen

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