Am 16. Juni lud das Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes zu seinem alljährlichem Sommerempfang ins Wolfgang-Sucker-Haus nach Bensheim. Neben den etwa 60 Gästen, bestehend aus Vertretern der Kirche, Politik und des Evangelischen Bundes, begrüßte die Leiterin des Konfessionskundlichen Instituts Dr. Dagmar Heller den hessischen Kultusminister, Prof. Dr. Alexander Lorz.

v.l.n.r.: Dr. Dietrich Pradt (Geschäftsführer EB), Prof. Dr. Alexander Lorz (hessischer Kultusminister), Dr. Dagmar Heller (Leitung KI), Dr. h.c. Christian Schad (Präsident EB), Ulrike Scherf (stellv. Kirchenpräsindentin EKHN)

Schon vor drei Jahren, betonte Heller, war Kultusminister Lorz als Festredner eingeplant, doch die Coronapandemie machte den Besuch damals unmöglich. Sie hob hervor, dass der Vortrag von Kultusminister Lorz – „Das Verhältnis von Staat und Kirche – historische und zeitgenössische Entwicklungslinien” –die Staatskirchenthematik aus juristischer und politischer Perspektive beleuchte und damit einen Bogen zum letztjährigen Sommerempfang des Konfessionskundlichen Instituts schlage, bei dem der Präsident des Evangelischen Bundes, Dr. h.c. Christian Schad das Thema aus theologischer Sicht darstellte.

„Der freiheitlich, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“

In seinem Vortrag erläuterte Kultusminister Lorz die Wichtigkeit des Dialogs zwischen den Konfessionen. Im Sinne des Böckenförde-Theorems könne der Staat derartige Leistung nicht erbringen. Er verwies dabei beispielhaft auf die Entwicklung der CDU in der Nachkriegszeit. Auch sie musste sich als Nachfolgepartei des Zentrums konfessionell öffnen. In ähnlicher Weise wurden vormals konfessionell homogene Gegenden durch Flüchtlinge und Vertriebene konfessionell und kulturell durchmischt. Und nicht zuletzt waren konfessionsverschiedene Ehen kirchlich und kulturell bis weit in die 1990er Jahre nur bedingt akzeptiert. Vor diesem Hintergrund und angesichts zunehmender Säkularisierung und Pluralisierung finde der Staat in den Kirchen einen starken Partner, der die Diskussionen über Werte und gesellschaftlichen Zusammenhang fördere.

Weder Staatskirche noch Laizismus

Zugleich biete das historisch gewachsene deutsche Staats-Kirchen-Recht bei allen vorhandenen Diskussionen die nötige Ausgewogenheit im Spannungsfeld von individueller Religionsfreiheit und der Rechte der Institutionen. Es handle sich dabei nicht um eine komplette Trennung von Staat und Kirche: Die Kirchen sind als Institutionen staatlich anerkannt und im Rahmen der Religionsfreiheit steht ihnen ein Selbstbestimmungsrecht zu. Gleichwohl agieren sie in den Schranken des allgemeinen Rechts. Freilich ergeben sich dadurch auch gewisse gesellschaftliche Reizthemen, die aber nicht monokausal betrachtet werden könnten.

Bekenntnisorientierte Religionsunterricht „geniale Konstruktion“

So halte Lorz den derzeit viel diskutierten Religionsunterricht für eine „geniale Konstruktion“. Der Staat lege zwar den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach fest, erhebe aber im Rahmen der Religionsfreiheit keinen Anspruch auf die Inhalte. Zugleich ist der Staat wiederum für die Ausbildung der Religionslehrkräfte mitverantwortlich, deren inhaltliche Ausgestaltung abermals von den Bekenntnisgemeinschaften festgelegt werde. Und im Rahmen der individuellen Religionsfreiheit sei der Religionsunterricht das einzige Fach, von dem man sich abmelden könne. Angesichts dieser juristischen Stärken und Ausgewogenheiten und auch in Anbetracht der geringen Anzahl an Religionsgemeinschaften, die überhaupt die Kapazitäten haben, Religionsunterricht zu erteilen, sei ein Festhalten am derzeitigen bekenntnisorientierten Religionsunterricht politisch richtig. Abgesehen davon sei der Staat vermutlich nicht in der Lage diese und andere Leistungen der Kirchen ad hoc zu übernehmen.

„Noble Diskretion des Hauses“

Angesichts der heutigen Herausforderungen, vor denen Staat und Kirche gleichermaßen stehen, betonte Lorz die Bedeutung konfessioneller Kooperationen. Das Konfessionskundliche Institut sei dabei „genauso bedeutsam wie vor 75 Jahren“. Eine der ungeahnten Stärken des Institutes in Bensheim sei dabei die „noble Diskretion des Hauses.“

Den gelungenen Abend rundete nach einer Diskussionsrunde mit Kultusminister Lorz ein gemütliches Beisammensein im Wolfgang-Sucker-Haus ab. Weitere Impressionen finden Sie hier.

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Dominik Koy
Referent für Publizistik und konfessionsübergreifende Fragen

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