Die Rolle der Frau ist ein spannendes und hochaktuelles Thema in unserer Gesellschaft und in den verschiedenen christlichen Konfessionen. So war die Freude bei allen Teilnehmenden groß, dass der Aufbaukurs vom 7. bis 10. März 2022 in Hannover als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte. Denn das Programm versprach einiges: Viele Einblicke in die unterschiedlichen christlichen Kirchen und Konfessionen konnten die Teilnehmenden sowohl in Vorträgen vor Ort als auch online und bei Exkursionen erhalten.

Die Gruppe selbst zeichnete sich durch ihre große Vielfalt aus: Neben Teilnehmenden aus evangelischen Landeskirchen waren auch Teilnehmende z.B. aus der Neuapostolischen Kirche anwesend. Zudem kam ein ausgeglichenes Verhältnis von haupt- und ehrenamtlich Engagierten zu Stande. So erwiesen sich die Gespräche innerhalb der Gruppe schon interessant und vielseitig. Hervorragend organisiert und vorbereitet wurde der Aufbaukurs von der KI-Referentin für Anglikanismus und Weltökumene, Dr. Miriam Haar, die von ihren Kollegen Dr. Lothar Triebel und Dominik Koy tatkräftig unterstützt wurde.

Am Montag, 7. März 2022, kamen die Teilnehmenden das erste Mal zusammen: Nach einer Begrüßungs- und Vorstellungsrunde führte Dr. Miriam Haar in das Thema ein. Dabei trugen die Anwesenden die in der Bibel namentlich erwähnten Frauen sowie ihre Assoziationen mit diesen Frauen zusammen. Anschließend brach die Gruppe schon zu ihrer ersten Exkursion auf: Im Studienzentrums der EKD für Genderfragen gab Dr. Antje Buche, die sozialwissenschaftliche Studienleiterin, einen Überblick über die Stellung der Frauen in den evangelischen Landeskirchen. Am Abend war Dr. Elaine Neuenfeldt aus Genf zu geschaltet, die von ihrer Arbeit bei „Act Alliance“ berichtete und so eine globale Perspektive auf die Rolle der Frau vorstellte.

Mit einer Morgenandacht, die der Erzpriester Milan Pejic gestaltete, startete die Gruppe in den zweiten Tag. In seinem anschließenden Vortrag ging der serbisch-orthodoxe Erzpriester auf die Rolle der Frau in der orthodoxen Kirche ein. Anschließend stellte Prof. Dr. Margit Eckolt besondere geschichtliche Aspekte von Frauen in der römisch-katholischen Kirche vor. Als Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie der Universität Osnabrück brachte sie viele Eindrücke ihrer Forschung mit: In ihrer Einführung zu „Frauen zwischen Entmächtigung und Ermächtigung“ stellte sie Sor Juana Inés de la Cruz vor, die als Universalgelehrte im 17. Jahrhundert in Mexiko wirkte und auch in der theologischen Exegese sehr wirksam war. Am Nachmittag stand die Exkursion mit dem kürzesten Weg an: Denn auf der anderen Straßenseite der Tagungs- und Übernachtungsstätte sind die Teilnehmenden bei der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen freundlich empfangen worden und mit reichlich Material beschenkt worden! Am späten Nachmittag hat sich Generalvikarin Anja Goller von der alt-katholischen Kirche zugeschaltet. Zuerst informierte die geweihte Priesterin über die Geschichte und Theologie ihrer Kirche, bevor sie ausführlich und verständlich das Thema der Frauenordination vorstellte. Das Gespräch mit Anja Goller war spannend, denn sie konnte den Teilnehmenden die Ausgewogenheit zwischen dem traditionellen (alt-)katholischen Glauben und der Frauenordination als Innovation anhand ihrer eigenen Biographie gut erläutern. Am Abend hörten wir noch die Gedanken von Prof. Dr. Gabrielle Thomas, die sich von der Emory University in Atlanta zuschaltete und über die Frauenordination in der Kirche von England berichtete. Zur Vorbereitung konnten sich die Teilnehmenden schon im Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim über die Five Guiding Principles informieren, die März 2013 veröffentlicht wurden und die Ordination von Frauen regeln. Der Weg der Church of England zeichnet sich dadurch aus, dass er sowohl die Meinungen der Befürworter als auch die Gegner der Ordination respektiert und mit den sog. Flying Bishops institutionell organisiert, was sich in dieser Weise als ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Christentums erweist.

Der dritte Tag begann mit der nächsten Exkursion zum Hauptsitz der SELK, der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Dort wurden die Teilnehmenden vom stellvertretenden Bischof der SELK, Herrn Propst Dr. Daniel Schmidt und Pastoralreferentin Dr. Andrea Grünhagen empfangen. Dr. Grünhagen stellte die Geschichte und Theologie der SELK sowie deren Position zur Frauenordination vor, die von der SELK abgelehnt wird, auch wenn es innerhalb der SELK eine lebendige Diskussion über die Ordination von Frauen gibt. Anschließend wurde das vielseitige Gebiet der Freikirchen mit der Position der Siebenten-Tags-Adventisten betreten, die Präsident Johannes Naether vorstellte.

Einen ganz persönlichen Einblick konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Neuapostolische Kirche gewinnen. Denn am Mittwoch-Abend durften sie am Gottesdienst der Gemeinde Hannover-Süd teilnehmen und mit Frauen in verschiedenen ehrenamtlichen Positionen ins Gespräch kommen. Diese berichteten den Teilnehmenden von ihren unterschiedlichen Aufgaben in der Gemeinde und ihren Gedanken zur Ordination von Frauen in der Neuapostolischen Kirche. Durch diese Gespräche und den lebendigen Austausch konnten die bisherigen anthropologischen und ekklesiologischen Ausführungen besser mit der Gemeindepraxis verglichen werden. So blieb der Abend allen Anwesenden positiv in Erinnerung und regte auch zum Austausch und Nachdenken über das eigene Gemeindeleben an.

Einen weiteren Einblick in den Bereich der Freikirchen erhielten die Teilnehmenden durch den Vortrag und die Begegnung mit Pastorin Mara Massar vom Christus Zentrum Celle am letzten Kurstag. Der sehr lehrreiche Aufbaukurs wurde von OKR Dr. Oliver Schuegraf abgerundet, der über die Rolle der Frau in den ökumenischen Dialogen referierte und auch Beispiele aus seiner eigenen ökumenischen Erfahrung einbrachte.

Zwischen den vielen Gesprächen wurden die Teilnehmenden immer kompetent von Dr. Miriam Haar und ihren Kollegen Dr. Lothar Triebel und Dominik Koy betreut, die bei Fragen mit Rat und Tat zur Verfügung standen. Vielen Dank für die Organisation und Durchführung dieses Aufbaukurses!

Felix Flory, Student der Evang. Theologie und Chemie (Lehramt), Heidelberg

 

Ansprechpartnerin

Pfrin. Dr. Miriam Haar
Wissenschaftliche Referentin für Anglikanismus und Weltökumene

Telefon

06251.8433.21