Auf Einladung der Fachhochschule für Interkulturelle Theologie Hermannsburg (FIT) hat Catholica-Referent Martin Bräuer D.D. den Studierenden und Lehrenden der FIT sowie interessierten Gästen von der im Oktober 2019 in Rom stattgefundenen Sondersynode für Amazonien berichtet. Zuvor gab Fabiano Soares, ein aus Brasilien stammender Studierender des Masterprogramms der FIT, eine bildreiche und eindrucksvolle Einführung zu Geografie, Geschichte, politischer Lage sowie der kulturellen, religiösen und spirituellen Vielfalt der rund 2000 indigenen Stämme.

Foto: D. Müller
So erfuhren die ZuhörerInnen, dass das Amazonas-Gebiet größer ist als die Europäische Union und dass allein das Gebiet, in dem schon seit Jahrzehnten der blutige Konflikt zwischen dem „Agro-Business“, also denen, die den Wald zur wirtschaftlichen Vermarktung abholzen, und denen, die ihn bewahren wollen, ausgetragen wird, siebenmal so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland. Mit diesen Dimensionen vor Augen war umso besser nachzuvollziehen, dass der Vatikan dem Amazonas-Gebiet eine Sondersynode widmet und dass sich die Teilnehmer in großer Einigkeit zu einem verstärkten Einsatz für eine ganzheitliche Ökologie aussprachen sowie die Ausbeutung von Mensch und Natur verurteilten.
Auch die Rechte und religiösen Ausdrucksformen der indigenen Völker wurden von der Synode respektiert – wenngleich konservative Stimmen auch vor einer zu starken Würdigung indigener Traditionen sowie vor einer „Relativierung des Christentums“ warnten. Hier steht der katholischen Kirche laut Bräuer noch ein – über den Amazonas hinausgehender – Richtungsstreit darüber bevor, inwieweit lokale religiöse Ausdrucksformen Auswirkung auf die katholische Weltkirche haben dürfen.

Foto: D. Müller
Kontrovers wurden auf der Synode laut Bräuer innerkirchliche Fragen und bisherige Tabu-Themen wie „Ämter für Laien“ (insbesondere Frauen) und „Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt“ (sog. viri probati) diskutiert – allerdings regional beschränkt auf das Amazonas-Gebiet. Progressive Stimmen befürworteten derartige Öffnungen, um dem Priestermangel zu begegnen. Konservative Kräfte warnten davor, dass Öffnungen in der Amazonas-Region Auswirkungen für die gesamte Weltkirche haben könnten. Das Zölibat – erläuterte Bräuer – sei keineswegs eine Glaubensfrage. Immerhin sind – wenn auch vage – Forderungen nach einer Zulassung des viri probati sowie nach einer Debatte über das Frauendiakonat mit einer Zweidrittel-mehrheit in das Abschlussdokument aufgenommen worden. Auch im Nachgang zur Synode sprachen sich einige katholische Bischöfe neben einem verstärkten Einsatz für eine ganzheitliche Ökologie und für ein Engagement für die Indigenen auch für eine Stärkung der Dienst tuenden Frauen „durch ein angemessenes Amt als weibliche Gemeindeleiterinnen“ aus. Einzelheiten bleiben offen, aber klar ist, dass diese Themen auf der Agenda der katholischen Kirche bleiben und auf eine Klärung durch die Kirchenleitung warten. Bräuer fasst die Amazonas-Synode wie folgt zusammen: „Die Synode hat keine Türen zugeschlagen, sondern eher welche geöffnet. Die Teilnehmer aus dem Amazonas kehren nicht mit leeren Händen nach Hause.“
Rektor Professor Wilhelm Richebächer und Dozent Dr. Fischer, der den Ökumene-Abend initiiert hatte, dankten dem Gast für die spannenden Einblicke in die Synode.
Martin Bräuer