Am 31. Dezember 2022 ist Papst em. Benedikt XVI. im Alter von 95 Jahren in seiner vatikanischen Residenz „Mater ecclesiae“ verstorben. Dass sich die Gesundheit des vom 19. April 2005 bis 28. Februar 2013 amtierenden Papstes verschlechtert hatte, wurde dadurch deutlich, dass sein Nachfolger Franziskus am Ende der wöchentlichen Generalaudienz am 28. Dezember um das Gebet für seinen Vorgänger bat.
In Erinnerung bleiben wird Papst em. Benedikt XVI. als ein Mann von großer theologischer Gelehrsamkeit. Viele Bücher zeugen davon genauso wie die Kenntnis theologischer Literatur und Publikationen. Noch als Papst bezog er den Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim. Er publizierte auch als Papst weiter Bücher, so Interviewbände mit Peter Seewald und vor allem seine Trilogie über Jesus Christus. Dadurch lenkte er den Blick auf das Zentrum des christlichen Glaubens und verstand sie auch als ein Zeugnis seines persönlichen Suchens als Christenmensch nach dem Antlitz Christi.
Als Professor, Kardinal und Papst hat sich Benedikt XVI. immer um den ökumenischen Dialog bemüht. Er hat beim Zustandekommen der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 mit den lutherischen Kirchen eine wichtige Rolle gespielt. Auch war er bis zuletzt Mitglied des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen.
Für evangelische Christen bleibt sein Besuch im Augustinerkloster in Erfurt im September 2011 in Erinnerung, wo er an einer Lutherstätte die existentielle Frage Martin Luthers: ‚Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?‘ aufgenommen hat. Sein Besuch enttäuschte aber alle diejenigen, die sich davon einen neuen ökumenischen Aufbruch erhofft hatten.
Benedikt XVI. war der erste deutsche Papst seit Jahrhunderten und trat als erster amtierender Papst seit 1417 von seinem Amt zurück. Was kirchenrechtlich zwar möglich ist, aber bis dato undenkbar, dies setzte er um. Damit veränderte er das Verständnis des Papstamtes, indem er in der Erkenntnis eigener Grenzen ein deutliches Zeichen für die Praxis päpstlicher Amtsführung setzte. Damit schrieb Benedikt XVI. Kirchengeschichte. Ein kirchengeschichtliches Novum war auch das fast zehn Jahre dauernde Nebeneinander eines emeritierten Papstes und eines amtierenden Papstes. Auch die Beisetzung des Papa emeritus durch seinen amtierenden Nachfolger am 5. Januar 2023 ist ein kirchengeschichtliches Novum.
Martin Bräuer