Da Fragen der Ethik im römisch-katholischen Lehrsystem einen hohen Stellenwert besitzen und diese immer wieder neu an aktuellen Themen aufbrechen, spielen sie in der Verkündigung des kirchlichen Lehramts eine bedeutende Rolle.

Die wichtigsten Texte sind:

Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen „Donum veritatis“ (1990), [DoVe]
Johannes Paul II., Enzyklika „Veritatis splendor“ (1993) [VS]
Katechismus der Katholischen Kirche (1993) [KKK]
Johannes Paul II., Enzyklika „Centesimus annus“ (1991) [CA]
Internationale Theologenkommission: Auf der Suche nach einer universalen Ethik: Ein neuer Blick auf das Naturgesetz (2008) [Suche]
Benedikt XVI., Enzyklika „Caritas in Veritate“ (2009) [CiV].

Nach katholischer Überzeugung erfüllen die Glaubenden in ihrem Handeln nicht nur allgemeine Forderungen wie Gerechtigkeit oder Nächstenliebe, sondern verwirklichen auch ihre Berufung zur persönlichen „Heiligkeit“ (KKK 2013) und „ihre Verpflichtung, in der Liebe Frucht zu tragen für das Leben der Welt“ (II Vaticanum, Dekret über die Ausbildung der Priester 16). Liebe ist mehr als eine subjektive Gesinnung, Liebe muss sich im Horizont der wahren Ordnung bewegen, die sich an der „Gesamtheit der Person in all ihren Dimensionen“ (CiV 11) orientiert und auch die Struktur des Zusammenlebens bestimmen muss. Deshalb ist auch die Soziallehre ein Teil der Moraltheologie.

Das sittliche Naturgesetz

In der Ethik geht es um das wahrhaft Gute, in dem die Freiheit des Menschen zur Erfüllung gelangt. Die katholische Morallehre identifiziert das Gute mit Gott und seiner Ordnung, die der Schöpfung eingeschrieben ist und in Christus erfüllt und vervollkommnet wurde. Von der Schöpfungsordnung handelt die Lehre vom „sittlichen Naturgesetz“. Sie besagt in ihrem Kern, „dass die Person und die menschliche Gemeinschaft fähig sind, im Licht der Vernunft die Grundorientierungen eines der Natur des menschlichen Subjekts selbst entsprechenden moralischen Handelns zu erkennen und normativ in Gestalt von Vorschriften oder Geboten zu formulieren.“ (Suche 9).

Den Gedanken des sittlichen Naturgesetzes teilt die Moraltheologie mit der nichtreligiösen Ethik. In ihm ist zunächst nur gesagt, dass das, was gut und gerecht ist, nicht von unseren subjektiven Interessen abhängen oder durch Mehrheiten entschieden werden kann. Ethische Urteile sind vielmehr wahrheitsfähig, sie beruhen nicht auf bloßen Gefühlen, sondern können mit Argumenten begründet und bestritten werden. Denn im Schöpfungsgedanken ist enthalten, dass die Wirklichkeit in ihrem Wesen durch die Vernunft erfasst werden kann. Daher bildet das Naturgesetz „die Basis der Zusammenarbeit aller Menschen guten Willens, ungeachtet ihrer religiösen Überzeugungen“ (Suche Nr. 9). Die hier angesprochene „Natur“ enthält nach Auffassung des Lehramts in sich selbst normative Vorgaben, die inhaltlich über die Goldene Regel (‚Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu’) hinausgehen. Es findet im Naturgesetz „die sittlichen Grundregeln des gesellschaftlichen Lebens“ in Gestalt von „bestimmten Forderungen“, die von allen zu beachten sind und „das ethische Fundament für das gesellschaftliche Zusammenleben sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene gewährleisten“ (VS 97).

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