Lange gab es für die römisch-katholischen Kirche nur eine ökumenische Möglichkeit: die Rückkehr all derer, die sich aus ihrer Sicht von ihr getrennt hatten, in den Schoß der Mutter Kirche. Deshalb wurde auch die ökumenische Bewegung des 20. Jahrhunderts klar abgelehnt. Exemplarisch für diese Haltung steht die Enzyklika „Mortalium animos“ von 1928, in welcher Papst Pius XI. die ökumenische Bewegung als gefährlich einschätzt und erneut das gängige katholische Konzept der Rückkehr der „schismatischen Sekten“ zur „einzig wahren“ Kirche einschärft. Noch 1954 war Katholiken die Teilnahme an der zweiten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen untersagt.

In den folgenden Jahren jedoch und vor allem durch die Erfahrungen der nationalsozialistischen Diktatur änderte sich das Verhältnis der Konfessionen zueinander. Durch Begegnungen zwischen Katholiken und anderen Konfessionen z.B. in privaten ökumenischen Gesprächskreisen („Una-Sancta-Bewegung“) wuchs das gegenseitige Vertrauen.

Unter Johannes XXIII. änderte sich das Verhältnis der römisch-katholischen Kirche zur ökumenischen Bewegung grundlegend und nachhaltig. 1960 wurde unter der Leitung des deutschen Kardinals Augustin Bea S.J. ein Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen eingerichtet. 1961 gestattete der Papst die offizielle Teilnahme von Beobachtern der römisch-katholischen Kirche an der dritten Vollversammlung des Weltkirchenrates und lud Gäste aus verschiedenen Kirchen zum Konzil ein. Das am 21. November 1964 verabschiedete Ökumenismusdekret „Unitatis Redintegratio“ (UR) sieht die ökumenische Bewegung als „unter der Einwirkung der Gnade des Heiligen Geistes“ entstanden und bekennt sich zur ökumenischen Sache.

Neu für die katholische Kirche war, dass auch außerhalb der eigenen Kirche kirchliche Realitäten anerkannt werden: (UR 3) „… wer an Christus glaubt und in der rechten Weise die Taufe empfangen hat, steht dadurch in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche … Ebenso sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung … im Geheimnis des Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu gebrauchen, deren Wirksamkeit sich von der der katholischen Kirche anvertrauten Fülle der Gnade … herleitet.“ (UR 3)

Das Konzil vertritt also eine ökumenisch offene Haltung, betont aber, dass die ganze Fülle der Heilmittel nur in der katholischen Kirche zu finden sei. So konnte man den Weg der katholischen Kirche als Abkehr von der Rückkehrökumene zur „Wiederherstellung der Einheit“ (UR 1; 5 u.ö.) bezeichnen.

Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen

1964 trafen sich in Jerusalem Papst Paul VI. und das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, der Ökumenische Patriarch Athenagoras I. von Konstantinopel; 1965 erfolgte die symbolische Aufhebung des Kirchenbannes von 1054. Auf dem II. Vatikanischen Konzil wird im Zusammenhang mit der orthodoxen Kirche erstmals trotz der Unstimmigkeiten bezüglich Jurisdiktionsprimat und Unfehlbarkeit die eucharistische Gemeinschaft mit einer anderen Kirche für möglich gehalten. Der offizielle theologische Dialog wurde nach 1980 über das allgemeine Kirchen-, Sakraments- und Amtsverständnis geführt. Es sind fundamentale Gemeinsamkeiten vorhanden. Kontroversfragen zum Papstamt und zu den mit Rom unierten Ostkirchen wurden ausgeklammert. Diese Fragen sind bis heute noch nicht gelöst.

Mit den Orientalisch-Orthodoxen führt die römisch-katholische Kirche seit dem zweiten Vatikanischen Konzil Gespräche. Mit dem syrisch-orthodoxen Patriarchat von Antiochien wurde 1984 eine pastorale Vereinbarung unterzeichnet, die gegenseitige Sakramentsspendung in Notfällen erlaubt. Seit einigen Jahren ist eine feste Dialogkommission mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen und dem vatikanischen Einheitsrat etabliert.

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