Die Außerordentliche Vollversammlung der Bischofssynode im Oktober 2014 könnte sich in dreifacher Hinsicht als wichtiger Einschnitt in der neueren Geschichte der römisch-katholischen Kirche erweisen. Zum einen setzte sie einen verheißungsvollen Akzent für die weitere Entwicklung der Institution Bischofssynode, einer Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils, und seiner Betonung der bischöflichen Kollegialität. Zum anderen griff sie ein Thema auf („Die pastoralen Herausforderungen hinsichtlich der Familie im Kontext der Evangelisierung“), das paradigmatisch für grundlegende Probleme der katholischen Kirche mit ihrer offiziellen Lehre und deren Verkündigung steht. Schließlich war die Synode auch ein sprechender Beleg für den „Stil Franziskus“, also für die Art und Weise, in der der seit März 2013 amtierende Papst die Leitung der Kirche wahrnimmt und damit auch für die Risiken, die mit diesem Stil verbunden sind.

Die Institution Bischofssynode ist insgesamt trotz guter Ansätze in der unmittelbaren Nachkonzilszeit eine Randerscheinung im strukturellen Gefüge der römisch-katholischen Kirche geblieben. Im langen Pontifikat Johannes Pauls II. (1978-2005) geriet sie zunehmend in den Schatten einer ganz auf den Papst fixierten Konzeption von Kirchenleitung, verloren dementsprechend die Synodalversammlungen den Mut zu kontroversen Diskussionen. Ausnahmen wie die überraschend einberufene Außerordentliche Vollversammlung zum Konzilsjubiläum Ende 1985, die Anlass zu ehrlichen Bilanzierungen der nachkonziliaren Entwicklung bot, und die Vollversammlung von 1987 zu den Aufgaben der Laien, bei der intensiv über die Rolle der „Neuen geistlichen Bewegungen“ in der Kirche gestritten wurde, bestätigten diese wenig erfreuliche Regel. Unter Benedikt XVI. (2005-2013) fanden drei Vollversammlungen der Bischofssynode statt (zu den Themen Eucharistie, Wort Gottes und Evangelisierung); sie liefen weitgehend nach dem gewohnten Schema ab.

Dann sorgte Papst Franziskus insofern für neuen Schwung für die Institution Synode, als er überraschend eine Außerordentliche und eine Ordentliche Vollversammlung im Jahresabstand zu ein und demselben Thema einberief und zudem bei der offiziellen Vorbereitung einen ungewohnten Weg einschlug. Schon die Koppelung zweier Versammlungen sorgte beziehungsweise sorgt für eine Aufwertung der Institution Bischofssynode und damit des durch sie vertretenen Bischofskollegiums. Ob das jetzt gewählte Verfahren Schule macht, wird sich erst zeigen. Auf jeden Fall trägt es zu einer erfreulichen Dynamik auf der Führungsebene der katholischen Kirche bei, die diese nur zu gut gebrauchen kann, weil sie die Chance zu einer ehrlichen Auseinandersetzung über anstehende Probleme bietet.

Gleichzeitig wurde auch der „Glaubenssinn des Gottesvolkes“ aktiviert, indem das erste Vorbereitungsdokument für die Vollversammlung der Bischofssynode („Lineamenta“ genannt) diesmal einen Fragebogen einschloss. Mit seiner Hilfe sollten die Bischofskonferenzen in Erfahrung bringen, wie die offizielle Lehre der Kirche zu Ehe und Familie bei den Gläubigen rezipiert wird, in welchen gesellschaftlichen und kulturellen Umständen sie ihre Beziehungen leben und welchen Herausforderungen sie sich gegenüber sehen. Das so gesammelte Material sollte dann in die weitere Vorbereitung der Synode eingehen. Eine vergleichbare Aktion hat es in der bisherigen Geschichte der Bischofssynoden noch nie gegeben, wohl aber (in größerem Umfang und professioneller) im Vorfeld der „Gemeinsamen Synode“ der deutschen Bistümer („Würzburger Synode“) Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts.