Ursprünglich bezeichnete das Wort Freikirche eine christliche Kirche, die – im Gegensatz zu einer Staatskirche – vom Staat unabhängig war.
Es gab bis in die Neuzeit das Prinzip des Staatskirchentums, das auf der Einheitlichkeit der Weltanschauung beruhte. Die weltlichen und kirchlichen Herrschaften waren verbunden und alle Staatsangehörigen dieser Einheit unterworfen. Die römisch-katholische Kirche verstand sich als universell bestehende und gültige Kirche Die Reformation übernahm im wesentlichen diesen Staats- und Kirchenbegriff. Die Regionen, in denen die Reformation sich durchsetzte, wurden mithin evangelisch. Religiöse Überzeugungen, die etwa zur Abtrennung von der Staatskirche geführt hätten, wurden weder vom Staat noch von der Kirche geduldet. Erst die Demokratisierung hat ab der Mitte des 19. Jahrhunderts das Prinzip des Staatskirchentums im europäischen Raum allmählich durchbrochen.
Die Freikirchen orientierten sich nicht an diesem Staatskirchenmodell, sondern verstanden die Gemeinde als Gemeinschaft der Gläubigen, die „Gott mehr gehorchen wollte als den Menschen“ und „dem Kaiser“ nur das zu geben bereit war, was ihm aufgrund der Bibel zustand. Diese Auffassungen brachten die freikirchlichen Bewegungen immer wieder in einen starken Gegensatz zum Staat und seiner Kirche. Viele Mitglieder der Freikirchen – man denke zum Beispiel an die Täufer – bezahlten ihre Überzeugungen mit Verfolgung und Tod. Amerika und Russland wurden für viele Freikirchen des 17. und 18. Jahrhunderts zu einer neuen Heimat, in der sie gemäß ihren Glaubensüberzeugungen leben konnten.
Ursprünge der Freikirchen
Wie die lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen haben auch die evangelischen Freikirchen ihre historischen und theologischen Wurzeln in der Reformation des 16. Jahrhunderts. Sie sind teils Kinder der oberdeutsch-schweizerischen Reformation (wie die Baptisten und die Freien evangelischen Gemeinden) oder der Wittenberger Reformation (wie die Herrnhuter Brüdergemeine oder die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche). Teils sind sie direkt aus dem „Linken Flügel der Reformation“ (Taufgesinnte, Mennoniten) hervorgegangen oder aus der Anglikanischen Kirche wie die Methodisten, die Heilsarmee, die Nazarener und letztlich auch die Pfingstkirchen.
Freikirchliche Kirchenstrukturen
Daher haben sie bis heute sehr unterschiedliche Kirchenstrukturen und kein einheitliches Amtsverständnis. Sie verstehen sich nicht als die allein biblisch oder urchristlich verankerten Kirchen. Mit allen anderen christlichen Kirchen verbindet sie (nach der Präambel der „Vereinigung Evangelischer Freikirchen“ = VEF) das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem alleinigen Herrn und Erlöser, dem lebendigen Sohn Gottes und Haupt der Gemeinde und sie bejahen das Apostolische Glaubensbekenntnis. Die Bibel als die Offenbarung des Willens Gottes ist für die Freikirchen die alleinige Richtschnur und Autorität in allen Glaubens- und Lebensfragen wie auch des persönlichen Dienstes in der Gemeinde.
Verhältnis Kirche – Staat
In einer Hinsicht unterscheiden sich die Freikirchen allerdings deutlich von den Kirchen der lutherischen und reformierten Tradition: Sie betonen die völlige Trennung von Staat und Kirche. Rechtlich wie organisatorisch vertreten sie das Prinzip der Selbstverwaltung und Selbstfinanzierung und verzichten auf einen Kirchensteuereinzug durch staatliche Behörden. Hierfür können sie nicht nur biblische Aussagen anführen. Ihre Geschichte in Mitteleuropa ist ein trauriges Kapitel von Verfolgung, Demütigung und Diskriminierung. In Deutschland konnte dieses Unverhältnis erst allmählich durch das Ende des Staatskirchentums und die Gewährung der völligen Religionsfreiheit in der Weimarer Verfassung von 1919 bzw. ab 1948 durch ihre Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen beendet werden.