In der Antike ist die „Katholizität“ der Kirche demnach zunächst ein Begriff, der in den Auseinandersetzungen zwischen Orthodoxie (Rechtgläubigkeit) und Häresie (Ketzerei) seinen Ursprung hat. „Katholisch“ ist das, was an jedem Ort der Erde, durch alle Zeit hindurch und von allen Gläubigen für wahr und verlässlich gehalten wird. Raum, Zeit und Personen umfasst diese Bestimmung. Im Kontext der christlichen Theoriebildung und Apologetik bezeichnet demnach der Begriff „katholisch“ die „wahre“ Form des Christentums.
Gleichzeitig wird damit auch eine dogmatische Verwendung des Begriffs vorbereitet. Die Erfahrung, dass verschiedene Christen verschiedene Gruppierungen bilden und jeweils für sich in Anspruch nehmen, die „wahre“ Kirche zu sein, macht es notwendig, darüber nachzudenken, ob es mehrere Kirchen Jesu Christi geben kann oder nur eine. Hier kommt die Alte Kirche zu dem Ergebnis, dass es nur eine Kirche Christi geben kann, weil die Kirche die Gemeinschaft derjenigen ist, die von Gott berufen sind und durch Glauben und Taufe zu Christus gehören. Weil es aber nur einen Gott und einen Christus gibt, kann es dementsprechend auch nur eine „richtige“, also „katholische“ Kirche geben. Die Kirche wird zum Gegenstand des Glaubens und folgerichtig in das Apostolische Glaubensbekenntnis aufgenommen. Die Frage, ob die „wahre“ Kirche nur ein Gegenstand des Glaubens ist und auf der Erde gar nicht, partiell oder vollständig realisiert wurde oder ist, beantworten die verschiedenen Konfessionen der Gegenwart unterschiedlich. Für den Begriff „katholisch“ ist nur wichtig, dass er zum dogmatischen Kennzeichen der „wahren“ Kirche wird. Die Kirche ist laut dem Glaubensbekenntnis nicht nur eine apostolische und heilige, sondern eben auch eine „katholische“ Kirche, also eine Kirche, die in Fülle und Vollkommenheit besteht, „weil in ihr Christus zugegen ist. Sie verkündet den ganzen, unverfälschten Glauben. Sie besitzt und spendet die Fülle der Heilsmittel.“ (KKK 162) „Katholisch“ ist also im Rahmen der gemeinsamen christlichen Lehre von der Kirche (Ekklesiologie) als Kennzeichen der wahren Kirche ein wichtiger Begriff. In diesem Sinne sind also alle christlichen Konfessionen „katholisch“, die sich als Kirche verstehen.
Gegenwärtig fungiert der Begriff „katholisch“ allerdings im Bewusstsein der Menschen vor allem als konfessionelle Bezeichnung der römisch-katholischen Kirche. Durch den – unbeabsichtigten – Bruch der abendländischen Kircheinheit durch die protestantische Reformation bekommt der Begriff „katholisch“ allmählich die Funktion, die von den Reformatoren als „Altgläubigen“ bezeichneten Christen zu benennen. „Katholisch“ bezeichnet in diesem Sinn demnach solche Kirchentypen, die sich nicht der Reformation angeschlossen haben, sondern in ihrem Selbstverständnis die antike und mittelalterliche Kirche fortführen. Unter diesen ist die „römisch-katholische“ Variante dominant, die vor allem ob ihrer Größe die „katholischen“ Kirchen des Ostens und die altkatholische Kirche überragt. Wenn daher heute von „katholisch“ gesprochen wird, ist in der Regel die „römisch-katholische“ Kirche gemeint.