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Zum vierten Mal in Folge bot das Junge Forum Freikirchen (JFF) interessierten Studierenden und Promovierenden der Theologie und Religionswissenschaft sowie jungen Pastor:innen den Raum zum Kennenlernen und zur Diskussion einer im Kontext von Freikirchen verorteten Fragestellung. Das JFF ist eine Einrichtung des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim unter der Leitung von Freikirchenreferent Pfr. Dr. Lothar Triebel; finanziell wird es ermöglicht durch die Stiftung Bekennen und Versöhnen (SBV) des Evangelischen Bundes e.V. und durch die EKD. Das Thema der diesjährigen Tagung, die vom 07.-09. September in den Räumlichkeiten des Theologischen Seminars Erzhausen stattfand, war Freikirchen und Judentum. Anhand eines vielfältigen Programms aus Vorträgen, Gruppengesprächen und Diskussionsrunden wurden sowohl konkrete Veröffentlichungen und Umgangsformen einzelner Freikirchen hinsichtlich des Judentums vorgestellt als auch Denominationen übergreifende Aspekte herausgearbeitet. Für die mehr als zwanzig Teilnehmenden aus acht verschiedenen Denominationen bot das Forum damit auch die Möglichkeit, anhand der ausgewählten Fragestellung theologische und historische Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der repräsentierten Freikirchen wahrzunehmen.

Durch die eröffnende Sitzung zur Klärung der Begriffe Antisemitismus und Antijudaismus leitete stud. theol. Benedikt Skorzenski. Infolge der kritischen Analyse verschiedener Definitionen plädierte er für eine breite und zugleich differenzierte Wahrnehmung der Phänomene, die von der (teils unbewussten) Instrumentalisierung ‚des‘ Judentums als Instrument der Selbst- und Weltdeutung bis hin zur intentionalen, gewaltbereiten Judenfeindschaft reichen. Er sprach sich gegen eine apologetische Abgrenzung des Begriffs Antijudaismus von Antisemitismus aus und zeigte stattdessen auf, wie in der Kirchengeschichte die gesamte Bandbreite des Phänomenbereichs anzutreffen sei.

Der Freitag begann nach einer Andacht mit einer hermeneutischen Reflexion der Darstellungen Moses‘ im Johannesevangelium, wobei Prof. Dr. Carsten Claußen (Theologische Hochschule Elstal, BEFG) im Verweis auf Jesusreden dessen Verortung im Judentum und antiken jüdischen Auslegungstraditionen betonte. Zugleich wies er auf Tendenzen des Johannesevangeliums hin, Jesus vom Judentum zu trennen, was unter anderem an Aneignungen Moses‘ sowie der Konstruktion eines distanzierten jüdischen Gegenübers gezeigt werden könne. Dr. Wilrens Hornstra (Jugend mit einer Mission) gab einen Einblick in seine Forschungen zu christlichem Zionismus, welchen er in die Darstellungsformen Israels in christlicher Eschatologie einordnete und von Dispensationalismus sowie dem alleinigen Glauben an eine Wiederherstellung des biblischen Israels abgrenzte. Er zeichnete die historische Entwicklung des christlichen Zionismus nach, der aufgrund einer hohen Zuneigung und Identifikation mit dem Staat Israel bis zu Formen eines Second Nationalism (Fremdnationalismus) führt. Ideologisch motivierter Aktivismus zugunsten des Staates Israel werde begründet mit einer von Gott gegebenen Segens- und Heilsmittlerschaft, demnach segensreiches Handeln gegenüber Israel segensreiche Konsequenzen für die Akteur:innen nach sich ziehe.

Als Einführung und Diskussionsgrundlage in freikirchliche Verhältnisbestimmungen zum Judentum wurden drei Denominationen in ihren Veröffentlichungen und Beschlüssen beispielhaft vorgestellt: Nicole Kunkel (Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität) und Pastor auf Probe Matthias Althöfer sprachen zur Evangelisch-methodistischen Kirche, Prof. Dr. Claußen zum Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden und Pastor und Regionalleiter Kai Flottmann zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden. Mit den verschiedenen und unterschiedlich langen Geschichten der Gemeindebünde gingen unterschiedliche Aspekte einher, die die Verhältnisse beeinflussten. Wiederkehrende Themen waren jedoch die Auseinandersetzung mit der bleibenden Erwählung Israels (theologisch) und den eigenen Verfehlungen im Nationalsozialismus (historisch).

Die Tagung schloss am Samstag mit zwei letzten Vorträgen und der Materialsichtung freikirchlicher Medien und Zeitschriften zum Thema Judentum, wobei die Teilnehmenden die Konzeptionen und Darstellungen diskutierten. Dr. Berthold Schwarz (Dozent der Freien Theologischen Hochschule Gießen, Pfarrer der EKKW) referierte zum Verhältnis von Freikirchen und messianischem Judentum. Er betonte die Relevanz von Freundesgruppen und Vereinen, die in bestimmten Frömmigkeitskreisen (unabhängig der Denomination) das Verhältnis zu messianischen Juden:Jüdinnen prägten, und er betonte die konstruktiven Möglichkeiten eines Dialogs, der sowohl die Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede im Blick behalte. Mit einem geschichtlichen Überblick zu Judenmission und Christlich-Jüdischem Dialog in Freikirchen endete Prof. Dr. Wolfgang E. Heinrichs (Lehrbeauftragter an der Theologischen Hochschule Ewersbach, Bund Freier evangelischer Gemeinden). Er stellte den Zusammenhang heilsgeschichtlicher Erwartungen im Pietismus zur Unterstützung von Judenmission heraus und zeichnete anschließend die antisemitische Polemik des 19. und 20. Jh. nach, die das Judentum als angebliche gesellschaftliche Gefahr diffamiert hatte, mit dem sich Christ:innen nicht vermischen dürften.

Neben Vorträgen und Gesprächsrunden ermöglichte die Tagung den Teilnehmenden nicht nur einander besser kennenzulernen und sich zu vernetzen, sondern sie bot auch die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Besuch im Kabbalat-Schabbat-Gottesdienst der Jüdischen Gemeinde Darmstadt am Freitagabend. Im Anschluss war die Tagungsgruppe zum Kiddusch eingeladen, dem feierlichen Übergang in den Schabbat mit Segensversen, Wein, Liedern und gemeinsamem Essen.

So war die vierte Tagung des Jungen Forums Freikirchen getragen von einem gemeinsamen Interesse am Verhältnis von Freikirchen und Judentum und sie war gerahmt von vielfältig anregenden Momenten: Die Gastfreundschaft in der Synagoge sowie im Theologischen Seminar Erzhausen, die anregenden und kritischen Beiträge der Referierenden, die ökumenische Offenheit und Wertschätzung der Teilnehmenden in den Begegnungen miteinander und die sorgfältige und ausgewogene Planung der Gesamtabläufe durch das Planungsteam. Dieses bestand aus Benedikt Skorzenski, Lothar Triebel und Paulien Wagener (Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Halle). Das Thema für die fünfte Tagung im Sommer 2024 ist bereits ausgewählt: Sakramente in Freikirchen – tatsächlich? Und wenn ja, wie und welche?

Laura Schäfer

Ansprechpartner

Pfr. Dr. Lothar Triebel
Referat Freikirchen

Telefon

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