Am ersten Septemberwochenende endete die 8. GEKE-Vollversammlung in Sibiu/Hermannstadt. Die Gemeinschaft der Kichen der Leuenberger Konkordie debattierte auf ihrer Versammlung insbesondere Fragen des Umgangs mit ethischem Dissens. Anlass dazu boten der Krieg in der Ukraine und der Umgang mit Genderfragen.
Für Unruhe sorgte schon vor Beginn der Rückzug der Delegierten der ungarisch-reformierten Kirchen aus Ungarn und Rumänien. Hintergrund war die Debatte um den 2018 initiierten Studienprozess „Gender – Sexualität – Ehe – Familie“. Statt der neun stimmberechtigten Delegierten entsandten die ungarisch-reformierten nur noch einen Beobachter. Bereits in der Vergangenheit zeigte sich, dass in den ökumenischen Gesprächen ethische Fragestellungen deutliches Konfliktpotential bergen. Zuletzt suchten beispielsweise der Lutherische Weltbund und auch die anglikanische Lambeth Konferenz den richtigen Umgang mit sexualethischen Debatten. Im Unterschied zu den genannten ökumenischen Bünden konnte die GEKE damit überzeugen, dass diese Themen offen besprochen wurden – auch wenn die Abwesenheit der ungarischen Kirchen gegenteiliges vermuten lassen könnte. Schließlich nahmen die Vertreter der ungarisch-reformierten Kirchen fast sechs Jahre an den Diskussionen zum Studienprozess teil und werden dort explizit mit ihren Überzeugungen in einer Case-Study genannt.
Einen anderen Höhepunkt bildete die Zusammenkunft kirchlicher Vertreter aus Russland und der Ukraine. Anton Tikhomirov, stellvertretender Erzbischof der Evangelischen Lutherischen Kirche Russlands, und Oleksander Gross, Präsident der Synode der Deutschen Evangelischen Kirche in der Ukraine, traten gemeinsam auf einem Podium auf, standen auf einer Pressekonferenz Rede und Antwort und feierten gemeinsam eine Andacht. Obgleich von den Gesprächen kein revolutionärer Mehrwert erwartet werden kann, ist es gleichwohl ein Zeichen, wie die ökumenische Gemeinschaft in Zeiten von Kriegen Gesprächskanäle eröffnen und offenhalten kann. Oleksander Gross schilderte die Situation in der Ukraine: „Wir haben gelernt mit dem Krieg zu leben. Jeder Tag kann der letzte sein.“ Zugleich machte Anton Tikhomirov deutlich, dass es nur ein Ziel geben kann. „Das Wichtigste ist für uns: Wir beten für den Frieden. Der Frieden soll kommen.“
Aus diesen Prozessen beschloss die Vollversammlung die Aufgaben für die nächsten Jahre. Eine der wichtigsten sei es, sich mit der theologischen Ethik des Dissenses zu beschäftigen, da dies ausgehend von ethischen Diskursen vermehrt zum Lackmustest für die Ökumene wird.
Die 8. Vollversammlung der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa fand Hermannstadt/Sibiu statt – der europäischen Kulturhauptstadt von 2007. Die rund 300 Teilnehmer der Versammlung, bestehend aus Delegierten, Gästen, Experten und Beobachtern aus fast 100 Mitgliedskirchen diskutierten in der evangelischen Stadtpfarrkirche im Herzen Herrmannstadts Fragen der Kirchengemeinschaft. Weitere Hintergründe und Analysen zur 8. GEKE-Vollversammlung gibt es im Oktober beim Ökumene-Update auf der Studientagung des Evangelischen Bundes in Koblenz und im Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts.
